Ainringer Geschichte
Ur- und Frühgeschichte
Das Ainringer Gemeindegebiet ist reich an archäologischen Funden. Sie erzählen uns viel über die älteste Vergangenheit der Gemeinde – über ihre Urgeschichte, das heißt über die Zeit vor Christi Geburt, und über die römische Antike und das frühe Mittelalter. Dabei setzen die ältesten Objekte schon im 4. vorchristlichen Jahrtausend, in der sogenannten Jungsteinzeit, ein. Damals bestand am Hammerauer Auhögl eine Siedlung, die große Fundmengen ergeben hat. Ein bemerkenswerter Einzelfund dieser Zeit ist ein poliertes Steinbeil (Abbildung 1), das im Ortsteil Heidenpoint zutage kam. Wie verschiedene andere Funde aus Ainring, kann es in der Sammlung des Rathauses besichtigt werden.
Weitere Schwerpunkte bilden im Fundmaterial des Gemeindegebietes drei ur- und frühgeschichtliche Zeitabschnitte. Der erste ist die Bronzezeit (etwa 2000 – 700 vor Christus). Aus dieser Periode stammen vor allem zahlreiche Funde aus dem ganzen Bereich des Ainringer Mooses. Die Gegenstände – wie z. B. das bronzene Messerbruchstück in Abbildung 2 – wurden einst im Moos, das damals eine Seenlandschaft war, als Opfergaben an die Götter versenkt.
Der zweite für Ainring wichtige Zeitabschnitt ist die Römerzeit (um Christi Geburt bis gegen 500 nach Christus). Damals durchquerte eine überregional wichtige Straßenverbindung zwischen Rhein und Donau das Gemeindegebiet. Reste dieser Straße sind an mehreren Stellen – in Mühlreit, bei Schiffmoning und in Bruch – erhalten. Sichtbar blieb dabei jeweils noch der pfeilgerade verlaufende Damm, der oft den Unterbau der Römerstraßen bildete. Außerdem fanden sich in der Saalach im Ortsteil Bruch auch Hölzer, die von der antiken Brücke herrühren könnten.
Die Landschaft zu beiden Seiten der Straße war teilweise Moor-, See- und Waldgelände, teilweise aber auch landwirtschaftlich genutzt. Bei Thundorf, in Hausmoning, in Hammerau und in Feldkirchen lagen wohl römische Gutshöfe, die durch kleine Sträßchen mit der Hauptverkehrsader und auch untereinander verbunden waren. In einigen Fällen wissen wir durch Baureste oder Gräber, in anderen durch Fundkonzentrationen um die Existenz dieser Niederlassungen. Zu den Funden gehören nicht nur Kleingegenstände – wie das römische Eisenmesser in Abbildung 3 –, sondern außerdem einige Steindenkmäler, die vor allem im Bereich der Kirche Mariä Himmelfahrt in Feldkirchen entdeckt wurden. Schließlich hat aber auch das beginnende Mittelalter (und speziell das 7. nachchristliche Jahrhundert) wichtige Fundzeugnisse hinterlassen. Aus dieser Zeit kamen an verschiedenen Orten bajuwarische Gräber ans Licht. So wurde vor allem in Feldkirchen ein größeres Gräberfeld entdeckt, zu dessen zahlreichen Grabbeigaben Schmuckgegenstände (wie die Perlenkette in Abbildung 4) und vor allem ein mit den Abdrücken einer antiken Münze verziertes sogenanntes Goldblattkreuz gehören.
Vom 8. Jahrhundert bis Heute
In das Jahr 788 fällt die erste urkundliche Erwähnung der Gemeinde Ainring. Sie findet sich in der sogenannten Notitia Arnonis, dem ältesten Salzburger Güterverzeichnis. Bis 1816 gehörte das Gebiet der Gemeinde zum Fürsterzbistum Salzburg und erst danach zu Bayern. Wir waren also über 1000 Jahre salzburgisch – niemals aber Österreicher. 1821 wurden die Orte Au (Hammerau) und Ainring zusammengelegt. Der Name Ainring wurde übernommen, weil dort geringfügig mehr Einwohner lebten als in Au. Mit dem Bau des Flugplatzes ab 1933 erfuhr die Gemeinde Ainring eine nachhaltige Änderung ihrer Bevölkerungsstruktur und auch ihrer Einwohnerzahl. Die ehemalige Deutsche Forschungsanstalt für Segelflug verfügte über Institute für Aerodynamik, Flugmechanik und Sondertriebwerke. Es wurden damals in Ainring Grundlagen für die heutige Luft- und Raumfahrttechnik geschaffen. Im Jahre 1939 stieg die Einwohnerzahl auf 3.850. Heute hat die Gemeinde 9.865 Einwohner (30.06.2021). Nach dem Krieg dienten die ehemaligen Flughafengebäude als erste Unterkunft für tausende von Heimatvertriebenen. Aus dem ehemaligen Flughafengelände entwickelte sich Mitterfelden, heute mit über 4.200 Einwohnern der größte Ortsteil der Gemeinde Ainring. Der größte Betrieb der Gemeinde Ainring ist das Stahlwerk Annahütte, dessen Geschichte auf das Jahr 1537 zurückgeht. Es ist wohl das älteste noch existierende „Eisenwerk“ Europas. Das zur Max Aicher Unternehmensgruppe gehörende Werk beschäftigt heute über 400 Mitarbeiter und produziert hochwertigste Spezialstähle für den weltweiten Markt. Das Ainringer Moos, zwischen Ainring und Thundorf an der alten Römer- und Salzstraße und am Fuße des Högls gelegen, ist ein ganz besonderes Kleinod der Gemeinde. Nach seiner industriellen Nutzung wurde es 2003 renaturiert und bietet seitdem immer mehr – teilweise äußerst seltenen – Tier- und Pflanzenarten eine neue Heimat. Aber auch auf den Menschen hat das Ainringer Moos schon immer eine ganz besondere Anziehungskraft ausgeübt: als Kultstätte, als Ort der Mythen, als Torfabbaustätte oder heute für Natur- und Technikfreunde. Der 2003 gegründete Verein „Freunde Ainringer Moos e.V.“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Interessen von Mensch und Moor in Einklang zu bringen. Er erforscht Geschichte und Bedeutung der ehemaligen Torfabbauanlagen. Außerdem kümmert er sich um den Erhalt der industriegeschichtlich interessanten Gebäude, Einrichtungen und Gegenstände sowie deren naturverträgliche Nutzung. Ehrenamtliche Vereinsmitglieder organisieren individuelle Führungen durch das Torfmuseum, veranstalten Fahrten mit der alten Torfbahn ins Moor und lassen in einem Schautorfstich alte Zeiten wieder lebendig werden. Als Gemeinschaftswerk von Bürgern und Gemeinde wurde 2007 der Ainringer Kreuzweg errichtet, der von der Ainringer Filialkirche St. Laurentius bis zur Kirche auf dem Ulrichshögl hinauf führt. Dieser Weg wurde Papst Benedikt XVI. zu seinem 80. Geburtstag gewidmet.
„Geschichtsbewusstsein hat in der Gemeinde Ainring einen besonderen Stellenwert. Geschichte schafft Identität. Wir pflegen mit Stolz unsere kulturellen Wurzeln und stärken dadurch unser Heimatbewusstsein! Als selbstbewusste und zukunftsorientierte Kommune in einem vitalen Landkreis Berchtesgadener Land sehen wir es als Herausforderung, unseren Bürgern Geborgenheit, Halt und Lebensqualität auch in Zukunft zu ermöglichen.“
Univ. Doz. Günther E. Thüry und Altbürgermeister Hans Eschlberger